Günter Puller: „Karren und Wägen“ – ein System seit 1997Die Häuserecke Hermanngasse/Westbahnstraße soll als Basis für einen Pullerschen Wagen fungieren: Im Innenbereich im WauWau-Shop nimmt er seinen Ausgang, dringt in den Außenbereich vor, führt bis in den ersten Stock in das Schlafzimmer eines redlichen Bürgers (Georg Böhme) der Westbahnstraße und breitet seine Tentakel (soweit ein Wagen so etwas haben kann) in der Parkspur (Hermanngasse 13) aus. Ein Wagen braucht einen Parkplatz. Die Installierung des Wagens wird performativ umgesetzt. Freitag, 25.9., 18:30 Uhr Verein Reumannplatz Westbahnstraße 7/Ecke Hermanngasse Eintritt frei, für Speis und Trank ist gesorgt. Weblink zu Günter Puller >>> |
Günter Puller
Karren und Wägen, September 2015 im WauWau-Shop
im Rahmen des Kulturherbst Neubau 2015
„Refugium, Wegbegleiter und Gefährtin“
Günter Pullers Karren und Wägen sind Teile eines seiner großangelegten Kunstprojekte, mit dem er seit über 15 Jahren Orte („Räume“), Momente („Situationen“) und Personen („Individuen“) verbindet und in ein höchst komplexes System einbaut, das er zu diesem Zweck ersonnen hat. Diese Verbindung ist für Puller im übertragenen Sinn der Transport, den seine Karren und Wägen leisten.
Installationen aus Metallgestängen und Rollen werden mit Architektur und teilweise auch Alltagsgegenständen verbunden, um Pfeiler gelegt, durch Wände von Privatwohnungen gebohrt oder auch einmal temporär um eine Musikgruppe bei ihrem Auftritt geschweißt. Somit ist klar, dass die Rezipient_innen aktive Teilnehmer_innen des Projektes sind, das sich in ständiger Veränderung befindet. Teile der Installationen werden wieder abgebaut und als Träger_innen von Geschichten und Beziehungen in neuen Konstellationen verarbeitet. Andere Teile bleiben. Die Karren und Wägen erhalten so immer weitere Ableger und es entsteht ein „Netz transformierbarer Skulptur“ (Günter Puller), das endlos ausbaubar scheint. Alle Rollen können anhand ihrer Nummerierung - festgehalten vom Künstler in akribischen Aufzeichnungen - zurückverfolgt werden.
Für die aktuelle Installation, den Wagen mit dem Titel „Refugium“ dient die Häuserecke Hermanngasse/ Westbahnstraße im Wiener Bezirk Neubau als architektonischer Träger. Im Innenraum des WauWau-Shops nimmt der Wagen mit dem Titel „Refugium“ seinen Ausgang, dringt in den öffentlichen Raum vor, breitet sich wie eine „Tentakel“ (Thomas Kreuz) in der Parkspur Hermanngasse 13 aus und wächst bis in den ersten Stock durch das Fenster in das Schlafzimmer einer Wohnung von bis zu diesem Zeitpunkt unbeteiligten Personen. Der WauWau-Shop wie die Wohnung sind am Abend der Präsentation für die Besucher_innen zugängliche Ausstellungsorte. Ein Video in der Küche der Wohnung zeigt Rückblenden im Projekt Karren und Wägen. „Refugium“ existiert in seiner Gesamtheit nur für einige Stunden. Kurz nach der Präsentation wird die Installation bereits wieder transformiert: Der Künstler schneidet Teile aus dem öffentlichen Raum aus. Es bleiben schließlich der Wagen "Wegbegleiter" im WauWau-Shop und der Karren "Gefährtin" im Schlafzimmer der nun nicht mehr Unbeteiligten.
Der Projekt-Titel Karren und Wägen lässt unweigerlich an das Thema Transport und Mobilität denken. Nur dass Günter Puller hier einige Schikanen eingebaut hat. Alleine, dass die Rollen an der Installation, zwar industriell gefertigte Funktionselemente sind, jedoch durch ihre statische Anbringung niemals zum physischen Transport eingesetzt werden, kann zu denken geben. Die Rollen hängen sozusagen in der Luft. Es ist ein wenig wie der Suspense, der im Film die Erwartung eines Ereignisses schürt ohne dessen Eintreffen zu liefern. In der bildenden Kunst kennen wir den Kunstgriff des Herauslösens der Gegenständeaus aus ihren bekannten Funktionen und Sinn-Zusammenhängen als Surrealismus.
Mit Karren und Wägen setzt sich Günter Puller auf poetische wie analytische Weise mit Repräsentation und Mechanismen von Gesellschaft und Systemen auseinander und schafft durch die ständige Transformation eine hierarchiefreie Gegenwelt zu künstlerischen Absolutheits-Aussagen. Die Installationen können auf unterschiedlichen Ebenen wahrgenommen werden: zum einen als metaphorischer Verweis auf die Vielschichtigkeit von sozialen Gefügen. Zum anderen überprüft der Künstler mit ihnen die Prämissen und Möglichkeiten von Kunst als ein in sich geschlossenes System wie auch die strukturellen Bedingungen von Skulptur durch die Relation von Materie, Raum und Zeit. Und letztlich findet hier eine analytische Untersuchung von dem Begriff des Systems an sich statt.
Cornelia Offergeld
Wien 25.9.2015
Karren und Wägen, September 2015 im WauWau-Shop
im Rahmen des Kulturherbst Neubau 2015
„Refugium, Wegbegleiter und Gefährtin“
Günter Pullers Karren und Wägen sind Teile eines seiner großangelegten Kunstprojekte, mit dem er seit über 15 Jahren Orte („Räume“), Momente („Situationen“) und Personen („Individuen“) verbindet und in ein höchst komplexes System einbaut, das er zu diesem Zweck ersonnen hat. Diese Verbindung ist für Puller im übertragenen Sinn der Transport, den seine Karren und Wägen leisten.
Installationen aus Metallgestängen und Rollen werden mit Architektur und teilweise auch Alltagsgegenständen verbunden, um Pfeiler gelegt, durch Wände von Privatwohnungen gebohrt oder auch einmal temporär um eine Musikgruppe bei ihrem Auftritt geschweißt. Somit ist klar, dass die Rezipient_innen aktive Teilnehmer_innen des Projektes sind, das sich in ständiger Veränderung befindet. Teile der Installationen werden wieder abgebaut und als Träger_innen von Geschichten und Beziehungen in neuen Konstellationen verarbeitet. Andere Teile bleiben. Die Karren und Wägen erhalten so immer weitere Ableger und es entsteht ein „Netz transformierbarer Skulptur“ (Günter Puller), das endlos ausbaubar scheint. Alle Rollen können anhand ihrer Nummerierung - festgehalten vom Künstler in akribischen Aufzeichnungen - zurückverfolgt werden.
Für die aktuelle Installation, den Wagen mit dem Titel „Refugium“ dient die Häuserecke Hermanngasse/ Westbahnstraße im Wiener Bezirk Neubau als architektonischer Träger. Im Innenraum des WauWau-Shops nimmt der Wagen mit dem Titel „Refugium“ seinen Ausgang, dringt in den öffentlichen Raum vor, breitet sich wie eine „Tentakel“ (Thomas Kreuz) in der Parkspur Hermanngasse 13 aus und wächst bis in den ersten Stock durch das Fenster in das Schlafzimmer einer Wohnung von bis zu diesem Zeitpunkt unbeteiligten Personen. Der WauWau-Shop wie die Wohnung sind am Abend der Präsentation für die Besucher_innen zugängliche Ausstellungsorte. Ein Video in der Küche der Wohnung zeigt Rückblenden im Projekt Karren und Wägen. „Refugium“ existiert in seiner Gesamtheit nur für einige Stunden. Kurz nach der Präsentation wird die Installation bereits wieder transformiert: Der Künstler schneidet Teile aus dem öffentlichen Raum aus. Es bleiben schließlich der Wagen "Wegbegleiter" im WauWau-Shop und der Karren "Gefährtin" im Schlafzimmer der nun nicht mehr Unbeteiligten.
Der Projekt-Titel Karren und Wägen lässt unweigerlich an das Thema Transport und Mobilität denken. Nur dass Günter Puller hier einige Schikanen eingebaut hat. Alleine, dass die Rollen an der Installation, zwar industriell gefertigte Funktionselemente sind, jedoch durch ihre statische Anbringung niemals zum physischen Transport eingesetzt werden, kann zu denken geben. Die Rollen hängen sozusagen in der Luft. Es ist ein wenig wie der Suspense, der im Film die Erwartung eines Ereignisses schürt ohne dessen Eintreffen zu liefern. In der bildenden Kunst kennen wir den Kunstgriff des Herauslösens der Gegenständeaus aus ihren bekannten Funktionen und Sinn-Zusammenhängen als Surrealismus.
Mit Karren und Wägen setzt sich Günter Puller auf poetische wie analytische Weise mit Repräsentation und Mechanismen von Gesellschaft und Systemen auseinander und schafft durch die ständige Transformation eine hierarchiefreie Gegenwelt zu künstlerischen Absolutheits-Aussagen. Die Installationen können auf unterschiedlichen Ebenen wahrgenommen werden: zum einen als metaphorischer Verweis auf die Vielschichtigkeit von sozialen Gefügen. Zum anderen überprüft der Künstler mit ihnen die Prämissen und Möglichkeiten von Kunst als ein in sich geschlossenes System wie auch die strukturellen Bedingungen von Skulptur durch die Relation von Materie, Raum und Zeit. Und letztlich findet hier eine analytische Untersuchung von dem Begriff des Systems an sich statt.
Cornelia Offergeld
Wien 25.9.2015